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Chronikmaterial - Lebensmittelkarten

Auch diesen Monat berichten wir über einen Fund aus unserem Chronikbestand. Es geht um Lebensmittelkarten, Bezugsmarken und weitere, ähnliche Karten und Marken. Auch eine Bekanntmachung zur Einführung der Karten von 1945 liegt der Akte bei.

Die Karten umfassen einen Zeitraum von 1942 bis 1955, wobei Karten von vor 1952 nur sporadisch vorhanden sind. Bei diesen älteren Karten fällt auf, dass die Rückseiten bereits bedruckt wurden und diese Rückseiten mit einem älteren Datum als die Laufzeit der Lebensmittel- und Bezugsmarken versehen wurden.

Bei den neueren Karten wird direkt benannt, dass es sich um Muster handelt, d natürlich ungültig waren.

Lebensmittelkarten von 1955

Wir beginnen mit den neuesten Karten – blass grün und verschiedener Größe, ungefähr zwischen DIN A8- und DIN A5-Format.

Die obersten Karten sind Bezugsausweise für einen halben oder einen viertel Liter Milch. Sie alle sind mit Juni 1955 datiert und umspannen jeden Tag ab dem 4. Juni bis hin zum 30. Juni 1955. Jeden Tag gibt es je nach Karte einen halben oder viertel Liter Vollmilch.

Sie wurden vom Magistrat von Groß-Berlin ausgegeben und waren nicht für allgemein, sondern jeweils für bestimmte Bevölkerungsgruppen vorgesehen. Diese waren für werdende oder stillende Mütter und Kranke, für Kinder bis zu einem Jahr und Industriearbeiter (Giftarbeiter). Außerdem sind zwei Zeilen für Name und Anschrift vorgesehen. Viele der Karten weisen auch darauf hin, dass es bei Verlust keinen Ersatz gab, Lose Abschnitte ungültig und die Karten nicht übertragbar waren.

Es folgen verschiedenste weitere Karten:

Über eine Reisekarte waren Fleisch und Butter erhältlich. Die „Zusatzkarte Z IV-A“ galt für Kinder bis zum sechsten Lebensjahr für Vollmilch, Zucker und Butter. Die „Zusatzkarte A“ gab monatlich insgesamt 250 g Fett, 300 g Zucker, 1,6 kg Fleisch. „Zusatzkarte B“ gab hingegen nur 750 g Fleisch aus.

Auch für diätetische Restriktionen gibt es eigene Karten. Für Diabetiker tauschte die „Ausgleichskarte Dib.“ Zucker gegen Magerkäse, Fleisch und Butter. Die restlichen Felder wurden nur mit „Diabetiker“ bezeichnet. Was darunter ausgegeben wurde, können wir leider nicht sagen.

Zuletzt folgen die monatlichen Lebensmittelkarten. Diese Karten sind am größten, ungefähr im DIN A5-Format.

Für einen Monat gab es bei der „Lebensmittelkarte G-A“ insgesamt 1,6 kg Fett, 1,8 kg Zucker und 3,55 kg Fleisch. Auch hier unterscheiden sich die Grammanzahlen pro Feld, sie sind aber ebenfalls nicht datiert. Bei der „Lebensmittelkarte G-B“ gibt es statt 3,55 kg Fleisch 2,7 kg. Hier wurde nicht vermerkt, für wen welche Karten vorgesehen waren.

Rechts auf der Karte befindet sich eine Arbeitsbescheinigung, auf der neben Name und Anschrift auch Tätigkeit, monatliche Arbeitszeit, Neuanstellung oder Ende des Arbeitsverhältnisses und Krankheit eingetragen wurden. Diese sollten von Betriebsleiter, Schulleiter und Personen in ähnlichen Positionen unterschrieben und abgestempelt werden.

Bei den Karten für Kinder bis sechs Jahre und für Sechs- bis Neunjährige fällt auf, dass neben Butter, Zucker und Fleisch noch ein halber beziehungsweise ein viertel Liter Milch pro Tag ausgegeben werden sollten.

Lebensmittelkarten von 1953

In dem nächsten Stapel befinden sich Karten von 1953, diese sind nicht mehr blass grün, sondern blass rosa.

Die „Ausgleichskarte Dib.“ für Diabetiker gab unter Rückgabe von 775 g Zuckerabschnitten insgesamt im Monat folgendes her: 1,24 kg Fleisch, 620 g Butter und 3,1 kg Magerkäse. 1955 jedoch gab es unter Rückgabe von 35 g Zuckerabschnitten täglich für einen Monat 1,2 kg Fleisch, 600 g Butter und drei kg Magerkäse. Es gab also von jedem Produkt etwas weniger im Monat. Es gab außerdem eine „Db-Umtauschkarte“, ebenfalls für Diabetiker, für die man die gleichen Mengen Lebensmittel im Umtausch für 35 g Zuckerabschnitten bekam.

Bei anderen Marken, wie bei den Zusatzkarten A und B und bei denen für werdende und stillende Mütter, änderten sich die Mengenangaben nicht.

Auch hier gibt es eine „Lebensmittelkarte G-A“ und auch hier fielen die Mengen etwas größer aus als 1955: 1,63 kg Butter, 1,85 kg Zucker, 3,6 kg Fleisch. Die „Lebensmittelkarte G-B“ gab statt 3,6 kg für einen Monat 2,75 kg Fleisch aus.

Eine Karte, die in den ersten beiden Stapeln nicht vorhanden war, ist die „Lebensmittel-Zusatzkarte Spe“ für Sperrgebietsbewohner. Durch diese gab es für einen Monat insgesamt ein kg Fleisch, 250 g Butter und 250 g Zucker.

Weitere Bezugsmarken und -karten

Die nächsten Bezugsmarken waren für etwas ganz Anderes vorgesehen, und zwar für Lederstraßenschuhe.

Es gibt drei verschiedene Versionen: für Frauen, für Jugendliche und für Größe 31 bis 35. Abgesehen von zwei der Marken, weisen alle ein „Gültig bis“-Datum auf, und zwar den 30.09.1952. Es handelt sich um die zweite Ausgabe und auch hier wurde vermerkt, dass es bei Verlust der Marke keinen Ersatz geben würde.

Die ältesten Karten reichen von 1942 bis 1947.

Die erste gilt für September 1946 und es handelt sich um die „Lebensmittelkarte I/6 für sonstige Bevölkerung“. Welche Bevölkerungsgruppen dies einschließt wird nicht erwähnt. Die Karte war gültig für den „Stadtkreis Schwerin“ und auch hier steht der Hinweis, dass es bei Verlust keinen Ersatz gibt.

Als Tagesration wurden laut Karte 300 g Brot, 20 g Nährmittel, 15 g Zucker, 15 g Fleisch, 7 g Fett und 30 g Marmelade ausgegeben. Außerdem sollte es für einen Monat noch 125 g Kaffee-Ersatz geben. Zum Vergleich: bei der Lebensmittelkarte G-A von 1953 waren 1630 g Butter und 3600 g Fleisch vorgesehen. Durch diese Karte würde es für 30 Tage insgesamt 450 g Fleisch und 210 g Fett geben. Gleichzeitig sollten neun kg Brot und 900 g Marmelade ausgegeben werden, welche auf den Karten von 1953 und 1955 fehlen.

Die Lebensmittel wurden natürlich nicht als Tagesration ausgegeben. Die Marmelade teilte sich zum Beispiel in drei Abschnitte von jeweils 300 g auf.

Außerdem gibt es jeweils einen Abschnitt für eine Schachtel Streichhölzer, 250 g Waschpulver und 25 g Seife, welche nicht in der Aufzählung von Tages- und Monatsration genannt wurden.

Bekanntmachung zur Einführung der Lebensmittelkarten

Zuletzt folgt eine Bekanntmachung vom 18.10.1945, die der Ausgabe der Meldekarten voransteht: „Bekanntmachung über Einführung einheitlicher Lebensmittelrationen und Lebensmittelkarten“.

Die Bevölkerung wurde mit Ausnahme von in der Landwirtschaft tätiger Personen in sechs Gruppen eingeteilt. Diese waren:

  1. Arbeiter mit besonders schweren und schädlichen Arbeiten
  2. Arbeiter mit schweren Arbeiten
  3. Alle übrigen Arbeiter
  4. Alle Angestellten
  5. Kinder bis 15 Jahren und Schüler
  6. Übrige Bevölkerung

Diese Gruppen erhielten unterschiedlich viele Lebensmittel, wobei auffällt, dass Gruppe 6 kein Fett oder Fleisch erhielt und der Kaffee-Ersatz für alle Gruppen einheitlich bei 125 g im Monat lag. Die restlichen Angaben sind jeweils auf einen Tag bezogen.

Teilweise sind die Unterschiede gering, so sollte Gruppe 5 neben 15 g Fleisch und zehn g Fett, zehn g Zucker mehr als Gruppe 6 erhalten. Ansonsten sind die Angaben gleich, sprich 200 g Brot, 300 g Kartoffeln, zehn g „Nährmittel“ und 30 g Marmelade. Nach ähnlichem Muster erhöhen sich immer mal dieselben, mal unterschiedliche, Lebensmittel im Vergleich zur jeweils nächsten Gruppe

Lediglich bei Marmelade sind für alle Gruppen 30 g vorgesehen. Nährmittel machen dabei den größten Sprung – von zehn g in Gruppe 6 zu 40 g in Gruppe 1.

Auch hier gab es monatlich zusätzliche Lebensmittel für werdende und stillende Mütter. Diese galten vom 6. Schwangerschaftsmonat bis hin zum 4. Monat nach Ende der Schwangerschaft: 300 g Nährmittel, 300 g Zucker, 100 g Fett und täglich 0,25 l Milch.

Zum Ende der Bekanntmachung wird die Aushändigung der Lebensmittelkarten erklärt: Die Lebensmittelkarten sollten bis spätestens den 1. November 1945 an die Bevölkerung verteilt werden und es wird darauf hingewiesen, dass nur die ganzen Karten galten. Für einzelne, bereits abgetrennte Abschnitte wurde die Ausgabe von Lebensmitteln strikt untersagt.

In diesem Beitrag sahen wir wieder einen Chronik-Fund der Unterlagen zeigt, die im Alltag eher selten zu sehen sind. Eigentlich sind diese Lebensmittelmarken für archivische Verhältnisse „nur“ 70 bis 83 Jahre alt, noch keine hundert und doch zeigen sie uns einen ganz anderen Alltag.

Nächsten Monat finden Sie hier wieder einen neuen Beitrag. Worum es sich in diesem handelt, verraten wir an dieser Stelle noch nicht.

05.05.2025