Geschichten auf Leinwand verewigt
Sven Ochsenreither kreiert mit Pinseln und Acrylfarbe groß- und kleinformatige Bilder
Game over – das Spiel ist aus – steht auf dem Bildschirm des Smartphones, in das ein Mädchen schaut. Mit feinen Pinselstrichen malt Sven Ochsenreither seinem Mädchen weitere Konturen ins Gesicht. Dass er bei seiner Arbeit beobachtet wird, stört den Maler nicht. Immer wieder tunkt der Zölkower seinen Pinsel in die Farbkleckse auf einem kleinen Tisch. Dass es mal einer war, davon ist nicht mehr viel zu erkennen. Die Oberfläche ist bereits eine andere. Mit Struktur. Mit Wellen. Nicht mehr eben, sondern eckig und kantig. Unzählige Pinsel stehen auf einem hohen Schrank in einem ehemaligen Stall – heute Künstleratelier. Farbreste kleben an den Griffen, an den Gläsern. Hier – mitten in Zölkow – arbeitet Sven Ochsenreither.
Der Maler befindet sich mitten in einem Prozess. Einem der mehrere Jahre andauern kann. „Hundredone Tales“ – 101 Geschichten. Genau daran arbeitet Sven Ochsenreither derzeit. Klein- und Großformate entstehen dabei in seinem Atelier. „Für meine großformatigen Bilder baue ich mir die Leinwände selbst“, verrät Sven Ochsenreither. Der Zölkower nutzt die Leinwände mitunter als Bühne – oder Buchseiten. Schließlich erzählt er Geschichten. Bis eine Geschichte zu Ende erzählt ist, dauert es manchmal mehrere Seiten. „Irgendwann ist das Bild fertig, die Geschichte erzählt“, sagt Sven Ochsenreither, dessen Hauptgalerie sich in Ahrenshoop befindet. Alle Galerien, mit denen er zusammenarbeitet, liegen außerhalb des Landkreises. Aus logistischen Gründen wäre es schön, eine Galerie direkt vor Ort zu haben. Der Zölkower aber kennt das Umherreisen – Ausstellungsräume in ganz Deutschland hat er bereits mit seinen Bildern gefüllt. Über die Landesgrenzen hinweg ging es ebenfalls – Österreich, Niederlande, Schweiz, Frankreich. Aber auch viel weiter weg – Australien oder Tokio.
Der studierte Kunstpädagoge und promovierte Kunsthistoriker kommt ursprünglich aus Rheinland-Pfalz. „Ich lebe aber schon wesentlich länger in Mecklenburg“, verrät der 46-Jährige. Seine Techniken gibt Sven Ochsenreither weiter. Nicht nur an junge Schüler wie vor einigen Jahren an der Schule in Mestlin während des Projektes „Künstler für Schüler“. Sondern auch an Kunststudenten. Der Lehrer Sven Ochsenreither gibt die leere Leinwand als Bühne vor. Es „geht um den leeren Raum dazwischen“, sagt der Maler. Von Maltechniken sprechen, diese lehren sei noch einmal eine ganz andere Sache. „Wenn ich längere Zeit den Lehrauftrag an der Universität Greifswald erfüllt habe, dauert es immer ein bisschen, bis ich hier bei meiner eigenen Arbeit wieder ankomme“, sagt Sven Ochsenreither.
Wieder zu Hause angekommen, schlüpft Sven Ochsenreither wieder ganz in seine Rolle des Malers. Dann taucht er den Pinsel in Farbe, taucht erneut ab. In seine Geschichten – „Hundredone Tales“. Unzählige Pinselstriche später ist das Bild – eines von 101 – fertig. Dann ist dieses Spiel aus – Game over. Bis zur nächsten Geschichte, bis zum nächsten Bild, bis zu den nächsten Pinselstrichen.
Den Text lesen Sie auch im Landkreisboten:
- Landkreisbote Ausgabe Juni 2020PDF-Datei: | 2,3 MB